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Die Gebirgslandschaft des Nationalpark Berchtesgaden beherbergt auf Grund ihrer abwechslungsreichen Lebensräume und der vielen naturnahen Flächen eine artenreiche Fauna mit einigen, in Deutschland bereits sehr selten gewordenen Wildtierarten.
Das aktuellste Projekt der Wildtierforschung im Nationalpark Berchtesgaden konzentriert sich auf die Wechselwirkungen zwischen Schalenwild (Rothirsch, Gams und Reh) und dem Ökosystem. Schalenwild spielt eine zentrale Rolle im Ökosystem Gebirge. Diese Tierarten stehen in enger Wechselwirkung mit der Vegetation, indem sie zum einen Pflanzen durch (selektiven) Verbiss beeinflussen. Zum anderen wirkt sich eine geänderte Lebensraumqualität z.B. als Folge von veränderter Waldstruktur und -zusammensetzung auf Verhalten, Wanderbewegungen und Reproduktion der Tiere aus.
Um die Wechselwirkungen zwischen Schalenwildbeständen und einem durch natürliche Störungen (Sturm, Borkenkäfer, Lawinen) geprägten Waldökosystem besser zu verstehen, wird aktuell untersucht ob es Kippunkte zwischen Schalenwild und Waldverjüngung gibt, jenseits derer diese großen Pflanzenfresser die Baumartenzusammensetzung und Waldstruktur nicht mehr beeinflussen.
Eine weitere Fragestellung soll klären, wie sich der in alpinen Lebensräumen besonders rasch fortschreitende Klimawandel auf den Fortpflanzungserfolg und die Habitatwahl von Gams, und Hirsch auswirkt. Dazu werden einige Tiere mit GPS-Sendern versehen und ihre Bewegungsmuster in Abhängigkeit von Lebensraum, Wetter und Störung durch Menschen analysiert. Die Ergebnisse geben Aufschluss über den Einfluss von Vegetation, Nutzung wie Tourismus und Wildbestandesregulierung, Witterung und zwischenartlicher Konkurrenz auf die Habitatnutzung und das Verhalten der Wildtiere. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen nicht nur in das Wildtiermanagementkonzept des Nationalpark Berchtesgaden einfließen sondern auch für andere Gebiete im alpinen Raum relevant sein.
Auf mehr als 75 % der Nationalparkfläche findet keine Wildbestandsregulierung statt. Für Gams und Reh ist die Zone ohne jeglichen Eingriff in die Bestände noch größer. Ähnlich dem Wald unterliegen hier die Wildbestände natürlichen Prozessen, was in weiterer Folge zu wesentlich höherer natürlicher Sterblichkeit als in bejagten Beständen führt. Auf der Ebene des Ökosystems bedeutet der Tod von großen Wildtieren neues Leben – und zwar sehr viele davon. Der dritte Schwerpunkt des aktuellen Schalenwildprojetks befasst sich daher mit der Aasökologie. Die im Park durch natürliche Mortalität anfallenden Kadaver, die bekanntlich Hotspots der Biodiversität sind, werden während des gesamten Abbauprozesses hinsichtlich der dort anwesenden Arten beobachtet. Das reicht von größeren Beutegreifern oder Allesfressern wie etwa Fuchs, Steinadler und Kolkrabe bis hin zu Aasfliegenfliegen, und -käfern. In weiterer Folge wird auch der Effekt des sich abbauenden Kadavers auf Bodenbakterien und -pilze sowie die Vegetation untersucht.
Weitere Wildtierprojekte und Monitoringvorhaben sind in Planung und sollen über die nächsten Jahre aufgebaut werden.
Bewegungsökologie, Verhaltensbiologie, Ökologie der Aasfresser, Mensch-Wildtier-Konflikt, Räumliches Gedächtnis und Orientierung bei Tieren, Inner- und zwischenartliche Interaktionen
Wildtierökologie, Wildtiere und Lebensraum, Schalenwild, Raufußhühner, Lebensraummodellierung, Wildtiere und Klimawandel, Monitoring