Bartgeier!? Die gibt es hier? Eigentlich nicht, denn die wurden schon vor ca. 130 Jahre in Bayern ausgerottet! Jetzt bemüht man sich wieder um eine Rückkehr dieses faszinierenden Greifvogels. Aktuell leben gut 300 Bartgeier in den Alpen.
Vom Klausbachhaus aus sehen Sie eine große Felsnische in der Halsgrube. Dort wurden von uns – das sind der Landesbund für Vogelschutz in Bayern und die Nationalparkverwaltung – am 10. Juni 2021 zwei junge Bartgeier ausgewildert. Weitere zwei junge Bartgeier folgen am 9. Juni 2022. Ziel des Projekts ist es, den ostalpinen Bestand zu stärken, damit künftig eine Vernetzung zwischen den Alpen, Südosteuropa bis zu den Vorkommen in der Türkei gelingen kann.
Seinen Namen hat der Bartgeier übrigens von einem Federbärtchen, das von den Augen bis unter den Schnabel reicht. Der Sinn dieses auffälligen Kopfschmucks ist bis heute nicht endgültig geklärt.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts besiedelte der Bartgeier noch einen Großteil des Alpenbogens. Da man ihm nachsagte, Lämmer, Gämsen und sogar Kinder zu entführen, wurde er rigoros verfolgt und in weniger als hundert Jahren restlos ausgerottet. Die Geschichte mit den Lämmern und Kindern ist natürlich falsch, denn der Bartgeier ernährt sich von toten Tieren. Als großer Aasfresser ist er ein wichtiger Bestandteil der natürlichen Kreisläufe, die wir hier im Nationalpark schützen und besonders untersuchen. Ausgewachsene Bartgeier fressen sogar fast ausschließlich Knochen und sind für Menschen und ihre Nutztiere keine Gefahr. Auch größere Knochen verschluckt und verdaut er in einem Stück! Wie er das macht? Seine Magensäure ist extrem scharf – etwa so wie Batteriesäure. Sind sie doch einmal zu groß, lässt er die Knochen aus größerer Höhe auf Felsplatten fallen.
Die damaligen Landesherren wussten es nicht besser oder haben diese Tatsache einfach ignoriert. Sie lobten sogar Prämien für erlegte Tiere aus. Die letzten Vögel wurden in Bayern bereits 1885 erlegt.
Unsere Junggeier kommen aus einer Zuchststation in Spaniens Bergen und wurden dort bis zu einem Alter von 90 Tagen von ihren Eltern großgezogen. Danach kamen sie dann zu uns.
Auch nach ihrem Ausflug aus der Nische, werden wir uns weiterhin um sie kümmern: Die jungen Bartgeier werden von uns in der Halsgrube an verschiedenen Plätzen weiterhin mit Knochen gefüttert. Diese wurden von uns bereits im Winter davor portionsweise verpackt. Vermutlich werden die Vögel wohl noch bis in den Herbst hinein bei uns im Schutzgebiet zu beobachten sein. Wohin sie danach fliegen ist dagegen völlig offen – Dank ihrer GPS-Sender sind wir aber über ihre Wanderungen bestens informiert. Und vielleicht kehrt ja der ein oder andere der ehemaligen Jungvögel in ein paar Jahren zurück und wird in den Berchtesgadener Alpen dauerhaft ansässig. Eine Vorstudie kam zu dem Ergebnis, dass der Nationalpark bzgl. Lebensraum und Nahrungsangebot hierfür ideal geeignet ist.
Ich werde Sie an dieser Stelle laufend über die aktuelle Situation informieren. Es bleibt spannend!
Schön, dass Sie mich hier besucht haben und viel Spaß an der nächsten Station!